27. Workshop in Bremen

27. Workshop vom 06.-08.03.2015

Freitag, 06.03.

Anreise Bremen-Vegesack „Schulschiff Deutschland“.

Informationen zum „Schulschiff Deutschland“ = Großsegler - Vollschiff
Gesamtlänge: 86,20 m
Breite: 11,98 m
Tiefgang: 5,45 m
BRT: 1257 BRT
Vortopp50 m, Großtopp 52 m Kreuztopp 48 m
Kompl. Ausstattung 25 Segel mit 1.950 qm
Übernachtung: 30 Einzel- bzw. Doppelkabinen
Stapellauf: 14.Juni 1927

Nautilushaus: Der Abend begann mit dem Verlesen der Grußbotschaften von Vereinsmitgliedern, welche auf Grund von Einsätzen auf Schiffen oder durch andere Termine verhindert waren, am Workshop teilzunehmen.

Anschließend folgt die Vorstellungsrunde. Es ist immer wieder erfreulich neue und junge Frauen kennen zu lernen, die Ihren Job in der maritimen Welt verrichten. So nutzen wir die Vorstellungsrunde auch gleich zum intensiven Erfahrungsaustausch.

Eine unserer Seefrauen berichtete über ihre Schleppertätigkeit und konnte ihre Schwester Damaris überzeugen auch ein nautisches Studium zu beginnen. Damaris macht in Elsfleth eine Ausbildung zur SBM und fährt ab April bei HALO.

Eine weitere Seefrau berichtete von Ihren Einsätzen auf einem Gastanker. Viele Fragen wurden dabei an sie gestellt.

Nach der Vorstellungsrunde gibt es noch Informationen zum „Haus Seefahrt“ in Bremen, welches wir am Sonnabend besuchen werden und zum Schaffermahl.

Es wird für das Haifischkutter-Projekt einer unserer Seefrauen geworben: Hier werden dringend Hilfskräfte gegen Logis und Kost frei gesucht.

Der Abend klingt mit weiteren Gesprächen zur aktuellen Seefahrt, Erfahrungsberichten und kleinen Episoden aus.

Samstag, 07.03.

Nach einem tollen Frühstück fahren wir zum Haus Seefahrt. Hier werden wir von Herrn Umbach herzlich in Empfang genommen. Er berichtet uns von der Geschichte dieses Hauses und führt uns durch das Haus.
Das „Haus Seefahrt“ ist eine unabhängig für sich stehende rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts zur Unterstützung bedürftiger Seefahrer, deren Witwen und Waisen. Um sich, weitere Mitglieder und ihre Hinterbliebenen vor Not zu schützen, taten sich acht Bremische Seeleute im Jahr 1545 zu einer Gemeinschaft unter dem Namen „Die Arme Seefahrt“ zusammen. Die nötigen Geldmittel wurden durch Beiträge der Mitglieder, Strafgelder der Mannschaften und andere Sühnegelder sowie Geschenke und Legate aufgebracht.
Im Jahre 1561 konnte die „Arme Seefahrt“ ein eigenes Haus in der Innenstadt erwerben, in dem sie ca. 300 Jahre ansässig blieb.
In den Jahren 1854 bis 1874 erfolgte ein schrittweiser Umzug in die Lützower Straße in Utbremen, wo die Stiftung bis zur totalen Zerstörung durch einen Luftangriff im Jahre 1944 verbleiben konnte.
Nach einem Grundstückstausch mit dem Bremer Staat begann 1950 die Planung und der Aufbau des jetzigen Seefahrtshofes auf dem Oeversberge in Bremen-Grohn. Kapitäne oder Schiffsoffiziere mit Kapitänspatent, die bei Bremer Reedereien oder auf in Bremen beheimateten Schiffen fahren oder gefahren haben, können Mitglieder werden. Kaufleute – in jedem Jahr drei - werden auf der Generalversammlung von allen anwesenden Mitgliedern gewählt. Kapitäne werden auf Antrag durch Beschluss der Session aufgenommen.
Haus Seefahrt besitzt in Bremen-Grohn den Seefahrtshof, eine park-ähnliche Anlage mit ca. 20 000 qm. Die Anlage wird geprägt durch 8 Häuser mit 24 modernen Drei- und 12 Zwei-Zimmerwohnungen. Seemännische Mitglieder können dort im Ruhestand mit ihren Ehefrauen, wie auch Witwen, mietfrei wohnen.
1998 wurde auf dem Gelände ein neues Haus eingeweiht mit dem Wappensaal als den zentralen Raum. Hier zieren die Originalwappen der Vorsteher, der Ober-Alten und der verwaltenden Kapitäne seit 1586 die Wände. In diesem Raum finden die Sessionen statt.
Höhepunkt eines jeden Jahres ist die Generalversammlung mit der Wahl von drei neuen kaufmännischen Mitgliedern, die dann jeweils im übernächsten Jahr gemeinsam mit sechs Kapitänsschaffern die Schaffermahlzeit ausrichten. An der Schaffermahlzeit nehmen jeweils ca. 100 kaufmännische und seemännische Mitglieder teil, die schaffen oder geschafft haben. Dazu kommen etwa 100 auswärtige Gäste aus Wirtschaft, Kultur, Politik und Verwaltung - diese aber nur einmal in ihrem Leben. Die bei der Schaffermahlzeit durchgeführte Spendenaktion sichert der Stiftung den wesentlichen Teil der finanziellen Mittel.
Sehr beeindruckend war für uns der Wappensaal.
Ein tolles Projekt für bedürftige Seeleute und Witwen.

Nach der Besichtigung fahren wir auf der Weser mit der „Vegebüdel“ nach Bremen zur Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS). Die „Vegebüdel“ ist eine Barkasse mit Geschichte (Baujahr 1950) und wird von dem Verein „Maritime Tradition Vegesack Nautilus e.V. betrieben. An Bord werden wir freundlich begrüßt. Während der Fahrt nach Bremen haben wir die Möglichkeit mit dem Kapitän im Führerstand zu plaudern und erfahren hier einiges zum Verein und zur Barkasse.

In der Leitstelle der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger D.G.z.R.S. werden wir von Herrn Franke in Empfang genommen. Hier erhalten wir einen kleinen Einblick in die wichtige Arbeit der Leitstelle bei der Koordination von Seenot-Einsätzen in Nord- und Ostsee.
Die Seenotleitung Bremen ist rund um die Uhr mit erfahrenen Nautikern und Funkern besetzt. Sie hat eine Doppelfunktion: Sie ist nicht nur die Betriebsführungszentrale für die 60 eigenen Rettungseinheiten der Seenotretter, sondern auch die national zuständige Koordinierungsstelle für alle Maßnahmen des maritimen Such- und Rettungsdienstes in den deutschen Gebieten von Nord- und Ostsee, für den die DGzRS zuständig ist.
Zur Seenotleitung Bremen gehört die Seenotküstenfunkstelle Bremen Rescue Radio (Rufname: „Bremen Rescue“). Sie nimmt die Hörwache auf UKW-Kanal 16 und 70 (DSC = Digital Selective Call, digitaler Selektivruf) wahr sowie auf Grenzwelle (2187,5 kHz, DSC) und wickelt den kompletten Not- und Dringlichkeitsfunkverkehr ab.
Geht ein Notruf ein, sind erste Informationen oft noch ungesichert und viele Ereignisse auf Stunden hinaus unvorhersehbar. Dennoch müssen die Wachleiter meist schnell viele Entscheidungen treffen: Welche Seenotkreuzer und Seenotrettungsboote können am schnellsten und besten Hilfe leisten? Sind weitere Schiffe oder Hubschrauber zur Unterstützung nötig? Ist ärztliche Hilfe erforderlich? Die Seenotleitung Bremen koordiniert alle zur Verfügung stehenden Kräfte, auch Handelsschiffe, Behördenfahrzeuge oder Sportboote.
Fehlen Positionsangaben oder sind sie ungenau, müssen Schiffbrüchige oder havarierte Schiffe zunächst gesucht werden, bevor die Rettung erfolgen kann (SAR = Search and Rescue / Suche und Rettung). Die Seenotleitung Bremen legt dann Suchgebiete mit Hilfe von Parametern wie Tidenstrom, Windstärke, -strömung, -richtung und Drift fest. Und sie bestimmt die Besatzung des am besten geeigneten Fahrzeugs zum Einsatzleiter vor Ort (On-Scene Co-ordinator, OSC). Für alle Einsatzkräfte sind diese Vorgaben maßgeblich.
Nicht immer kommt der Notruf von Seeleuten über Funk. Manchmal machen sich Angehörige Sorgen, weil ein Wassersportler überfällig ist oder aufmerksame Spaziergänger sehen vom Strand aus, dass ein Mensch auf See in Gefahr ist. Oder ein Alarm wird über eine EPIRB (Emergency position-indicating radio beacon – Seenotfunkbake) automatisch ausgelöst.
Im internationalen Sprachgebrauch wird die Seenotleitung Bremen Maritime Rescue Co-ordination Centre (MRCC) genannt. Sie arbeitet eng mit ausländischen MRCCs zusammen. An jedem Punkt der Erde unterstützt sie deutsche Schiffe oder deutsche Seeleute im Ausland – eine oft praktizierte Selbstverständlichkeit. Von der Vermittlung funkärztlicher Beratung über die Abbergung von Crewmitgliedern bis zur vollständigen Koordinierung von Such- und Rettungsmaßnahmen in entlegenen Winkeln der Weltmeere direkt aus der Bremer Innenstadt – MRCC BREMEN ist weltweit Ansprechpartner (National Maritime SAR Point of Contact).
Selbst die Wartung der Seenotrettungsboote wird hier in einer kleinen Werft vorgenommen, die wir uns anschauen dürfen.
Nach dem Rundgang in der Leitstelle und Werft schauen wir uns zwei Filme über die Arbeit der Seenotretter auf See an.
Mit vielen neuen Informationen verlassen wir die DGzRS in Bremen.

Bis zum nächsten Highlight bleibt Zeit zum Stadtbummel bzw. zum Holen der Autos aus Bremen–Vegesack.

Um 1800 treffen wir uns vor dem Bremer Rathaus zu einem Nachtwächterrundgang. Hier erleben wir eine unterhaltsame Zeitreise durch ein Bremen, wie es früher einmal war. Wenn die braven Menschen ruhen, begibt sich der Nachtwächter auf seine Runde durch die dunkle Stadt. Wir begleiten einen einsam durch die Nacht streifenden Beschützer. Und werden gewarnt, Vorsicht! Verlieren Sie nicht den Anschluss an unsere Gruppe. Sonst könnte es uns leicht passieren, einer Straftat verdächtigt oder Opfer einer der uns heutzutage unbekannten Gefahren zu werden.
Der Rundgang führt uns vorbei an historischen Bauten rund um den Marktplatz und durch die ältesten Straßen und Viertel Bremens. Immer wieder erfahren wir beschauliche, kleine Anekdoten und Grausamkeiten aus dem Mittelalter. Durch die Langenstraße mit der Stadtwaage gelangen wir an die Weserpromenade Schlachte. Flussaufwärts führt der Weg in die einmalige Böttchergasse mit ihrem Backsteinexpressionismus. Von dort sind es durch die Marktstraße gerade mal 200 m zum Schnoor. Der Schnoor als ältestes erhaltendes Stadtquartier hat einen ganz besonderen Charme, nach fünfhundert Jahren steht hier kein Haus mehr gerade. (Hat uns der Stadtwächter aber nicht erzählt, weil das damals ja noch nicht so war.)
Und als wir am Ende des Rundgangs wieder in die heutige Zeit entlassen werden, sind wir nicht nur in “historische Verfehlungen“ eingeweiht, sondern auch in die längst vergangene Geschichte der alten Hansestadt Bremen.

In der urigen Kneipe „Ständigen Vertretung“ fand dieser sehr gut organisierte Tag seinen gemütlichen Ausklang.

Sonntag, 08.03.

Frühstück in der Seemannsmission Bremen. Danach noch kurze Zusammenkunft für Absprachen.

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