Willkommen beim Berufsverband Frauen zur See e.V.
1998 hat sich der Verband Frauen zur See e. V. in Flensburg gegründet. Zu der Zeit waren Frauen im Bereich der maritimen Wirtschaft insgesamt sehr rar vertreten. An Bord von Seeschiffen als nautische oder technische Offizier:innen oder gar Kapitän:innen waren sie die Ausnahme.
Mittlerweile steigt die Zahl von Frauen in den maritimen Berufen an. Dennoch können Frauen in der Seefahrt Akzeptanz noch nicht als selbstverständlich voraussetzen, sondern müssen sie sich oft erst erarbeiten.
Umso stärker ist der Wunsch seefahrender Frauen, untereinander Kontakt aufzunehmen und sich besser zu vernetzen. Zwar gibt es zahlreiche maritime Vereine und Verbände, in denen sich Seemänner und -frauen zusammenschließen können, um Erfahrungen auszutauschen, sich mit den Besonderheiten dieses Berufsfeldes auseinanderzusetzen und die eigenen Interessen zu vertreten. Doch sieht sich eine Seefrau nicht selten zusätzlich spezifischen Herausforderungen gegenüber. Diese ergeben sich als oftmals einzige Frau auf dem Schiff, einem Mikrokosmos, der geprägt ist von ganz speziellen Arbeits- und Lebensbedingungen und einer in der Regel breit gefächerten kulturellen Vielfalt der Besatzungsmitglieder.
Der Verband Frauen zur See e. V. hat sich daher zum Ziel gesetzt:
VERNETZUNG
- eine stärkere Vernetzung seefahrender Frauen untereinander zu erreichen,
- den Dialog zwischen männlichen und weiblichen Besatzungsmitgliedern zu verbessern, auf die unterschiedlichen Herausforderungen aufmerksam zu machen und ein partnerschaftliches Miteinander zu erreichen,
ORIENTIERUNG
- Berufseinsteigerinnen Kontakte zu befahrenen Kolleginnen zu vermitteln,
- bei Fragen und Problemen als Ansprechpartnerinnen zur Verfügung zu stehen, nicht nur für weibliche, sondern auch für männliche Kollegen,
EINBLICKE
- regelmäßige Workshops zwecks Erfahrungsaustausch und Information zu organisieren und
- Einblicke in maritime Spezialbereiche durch Besichtigungen und Vorträge zu ermöglichen.
Warum? - Darum!
Warum sollen wir uns damit überhaupt auseinandersetzen? Sind Frauen in Deutschland denn nicht schon längst gleichberechtigt?
Gleiches Recht auf dem Papier bedeutet leider noch nicht Gleichbehandlung im tatsächlichen Leben. Frauen werden überproportional häufig Opfer von:
- Häuslicher Gewalt (vier Frauen aus fünf Betroffenen)
- Sexualisierter Gewalt (zwei von drei Frauen betroffen)
- Morden in Beziehungen oder durch den Ex-Partner (Femizid Fallzahlen; ca. 90% der Opfer sind weiblich)
Darüber hinaus sind Frauen aufgrund unbezahlter Fürsorge für Kinder und pflegebedürftige Angehörige und durch die daraus resultierende geminderte Erwerbszeit wesentlich stärker von Altersarmut betroffen als Männer. Und auch sonst beträgt der bereinigte Gender Pay Gap - also der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern bei gleicher Qualifikation - rund 6 %.
Und was hat das mit Seefahrt zu tun?
Grundsätzlich erst einmal nichts. Allerdings sind Frauen unter deutschen Seeleuten in der klaren Minderheit (rund 7 %) und somit oftmals auf sich allein gestellt.
Laut einer Umfrage unter Seefahrerinnen aus dem Jahr 2021 von Wista International in Zusamenarbeit mit der IMO gaben ca. 2/3 aller befragten Frauen an, bereits an Bord Belästigung oder Einschüchterung durch männliche Kollegen erfahren zu haben. Rund 25 % gaben an, Zeugin oder Opfer sexualisierter Gewalt an Bord geworden zu sein. Ferner werden Frauen an Bord oftmals aufgrund ihres Geschlechts in ihrem Können unterschätzt und weniger ernst genommen als ihre männlichen Kollegen.
Zwar werden Männer auch Opfer von Erniedrigung und Gewalt, haben eine geringere Lebenserwartung und sind häufiger suizidgefährdet - all das ist ebenso änderungsbedürftig - dennoch schließt die Bekämpfung des einen Unrechts nicht diejenige des anderen aus. Vielmehr sollten alle gemeinsam daran arbeiten, dass wir in einer Welt leben und arbeiten, in der kein Mensch aufgrund seines Geschlechts und gesellschaftlicher Geschlechterrollen bevorzugt oder benachteiligt wird. Das bedeutet aber auch, dass Männer sich für ihre weiblichen Mitmenschen stark machen - privat ebenso wie an Bord.
Und was können Männer nun konkret an Bord tun?
- Deinen eigenen Umgang mit Frauen kritisch hinterfragen: Ist das eigene Verhalten womöglich verletzend oder herabwürdigend?
- Sich mit betroffenen Frauen solidarisieren: Wird eine Frau aufgrund ihres Geschlechts angegangen, erniedrigt oder gar sexuell bedrängt, schreite direkt ein und biete ihr Deine Hilfe an. Suche bestenfalls den Zusammenschluss mit anderen Besatzungsmitgliedern, die ein solches Verhalten ebenfalls nicht tolerieren.
- Frauenfeindlichkeit klar als solche benennen und sanktionieren: Was oftmals als vermeintlich harmloser Witz oder salopper Spruch in einer Männerrunde daherkommt, zementiert ein gesellschaftliches Klima, das letzten Endes auch den Müttern, Schwestern, Töchtern und Freundinnen aller Männer schadet.