04. Workshop in Lübeck
06.-07.05.2000
Samstag, 06.05.
Man spürt bei vielen Frauen die Freude über das gemeinsame Wiedersehen. Wir steigen schnell in die Seefrauenmaterie ein. Es wurde reflektiert und diskutiert.
Den Anfang der Leseprobe macht eine ehemalige Stewardess der DSR. Sie liest aus ihrem Tagebuch, welches sie überarbeitet hat und später gerne einmal veröffentlichen möchte. Sie zeigt uns ihren zeitlich langen Weg aus, bis endlich das lang ersehnte Telegramm für die MS Recknitz kam. Mit Liebe zum Detail spricht sie über die Arbeit einer zur See fahrenden Stewardess.
Es folgt eine Weihnachtsgeschichte, in der eine Seefrau ihre Kindheitserinnerungen aus der christlichen Seefahrt Revue passieren lässt. Sie verbrachte gerne ihre Weihnachtsferien auf dem Schiff ihres Vaters. Die Vorfreude auf dieses Ereignis war immer besonders groß. Gerne lauschte sie den traurigen Seefunkgesprächen der Besatzung und deren Familien. Auch Wetterberichte und sonstige Meldungen über Radio Kiel galten ihrem besonderen Interesse. Als sie über Tannenbäume, Weihnachtsbäckerei und Geschenke auspacken an Bord resümiert, können wir fast das traumhaft schöne Wetter in Lübeck vergessen.
Eine Funkerin liest aus ihrem bereits veröffentlichen Buch "Zwischen Hamburg und Yokohama". Wir hören spannende Passagen, wie sie nur eine Vollblutsseefrau erleben kann. Durch ihren Freund und späteren Ehemann kam sie zur See. Nach ihrer fundierten Ausbildung tauschte sie die Landidylle gegen eine kleine Funkerbude ein, ab dato waren Frequenzen, Morsezeichen, Telegramme und Musterrollen nun ihr täglich Brot. Alles lief im Zweistundentakt, ehrgeizig biss sie sich durch die Männerdomäne, sie war in ihrem Engagement kaum zu bremsen. Sie erzählt, dass sie inzwischen wieder am Computer sitzt und ihr neues Buch in die Tasten haut.
Weiter schildert eine ehemalige Schiffskrankenschwester und Masseurin ihre Geschichten aus ihrem veröffentlichten Bildband. Sie berichtet von schönen stolzen Passagierschiffen und fernen Ländern. Sie fuhr auf der Berlin und hat die Schokoladenseite der Seefahrt kennengelernt. Doch auch Hurrikane, schwierige Massageempfängerinnen und heikle Landgänge beschreibt sie mit Witz. Wir spüren bei ihrer eindrucksvollen Lesung die Seefahrerromantik und das Fernweh einer längst vergangenen Epoche.
Das Schlusslicht bildet der Bericht einér Seefrau über die beschwerliche Fahrtzeit in der Fischerei (DDR). Sie spricht von langen Arbeitsschichten, kurzen Ruhepausen und die Schweigepflicht über neu eingeführte, nicht funktionierende Technik auf ehemaligen Fischtrawlern. Die Rostocker Seefrauen arbeiten in einer eigenen Gruppe an dieser außergewöhnlich interessanten Materie. Denn die Frauen aus der DDR übten ihren Beruf unter ganz anderen Bedingungen aus. Wir freuen uns jedes Mal, sie zu treffen, um wieder ein Stückchen mehr von der "anderen Art der Frauenseefahrt" zu erfahren.
Es folgt Verbandsarbeit und zum Tagesabschluss das Abendessen im nahegelegenen Gourmetrestaurant. Für manche Seefrauen geht es anschließend noch in die Guiness Kneipe.
Sonntag, 07.05.
Am Sonntagmorgen geht es nach dem Frühstück mit einer interessanten Stadtführung weiter, in der wir allerhand wissenswertes über die Stadt Lübeck erfahren. Besonders beeindruckend ist das historische christliche Hospiz und die sehenswerten Gänge und Höfe, die heute noch sinnvoll genutzt werden.