Zuerst Pech und dann auch noch Schwefel (2014)

Unter dem Titel "Oh wie schön ist Panama" berichtete MW über ihre Erfahrungen auf der MV Celine. Auf diesem Combifreighter der Reederei Enzian Shipping AG fuhr sie im letzten Sommer als Zweite. Hier nun die versprochene Fortsetzung.

Im Golf von Mexiko blieb das erwartete schlechte Wetter aus und wir kamen gut voran. Das Ziel war Aruba, wo wir Sulfur (Schwefel) laden sollten. Alles lief gut. Bis zum 29. Juni - und natürlich passierte es auf meiner Wache! Um 0200 Uhr gab es einen Maschinenalarm. Der Chief musste den emergency stop auslösen. In kürzester Zeit herrschte große Aufregung auf der Brücke und im Maschinenraum. Wie sich herausstellte war der Zylinder Nummer zwei unserer Hauptmaschine komplett ausgefallen. Später zeigte sich, dass ein verstopftes Auslassventil die Ursache gewesen war, denn dadurch hatte sich ein Überdruck im Zylinderkopf aufgebaut und kurz darauf hatte es eine Explosion gegeben. Die Ingenieure sagten, dass sie so etwas noch nicht erlebt hätten. Der Zylinder war zerstört und musste damit komplett ausfallen.

Nachdem wir vier Stunden getrieben waren, konnte die Hauptmaschine wieder in Betrieb genommen werden und es ging weiter, allerdings mit halber Geschwindigkeit. Das bedeutete, dass wir mit ca. 8 kn mehr so vor uns hin dümpelten. Das war also unser Pech auf dieser Reise. Trotz der daraus folgenden Verspätung behielten wir die Charter. Und als wir in Aruba ankamen, erschien ein Techniker an Bord und half, den kaputten Zylinder auszuwechseln.

In Aruba kam auch unser neuer Chiefmate an Bord. Der Arme hatte zwei Tage in einem Hotel auf uns warten müssen. Zu unserer - oder jedenfalls zu meiner Verwunderung - war er nicht sehr begeistert von diesem unfreiwilligen Kurzurlaub. Er hatte diese zwei Tage schrecklich gefunden, da die Insel laut seiner Aussage überhaupt nicht besonders sei. Er bezeichnete seinen verlängerten Aufenthalt sogar als eine Qual. Ich war etwas verwirrt, hatte ich doch immer gehört, dass Aruba eine berühmte, karibische Schönheit und eine touristische Attraktion sein sollte.

Doch wie dem auch sei: Sicher ist, dass sich mit der Ankunft des neuen 1. Offiziers das Leben für das Deck-Department komplett änderte! Chiefmate Georgi (der Motorman hieß auch Georgi, deswegen wurde der eine Chief Georgi und der andere nur Georgi genannt) war ein Mann der Tat, der mit anpackte und alles gab. Am Anfang war ich besorgt, dass es dann nichts mehr für mich zu tun geben würde, aber die Sorge war unberechtigt. Im Gegenteil, ich lernte hier nur vom Besten und es gab auch so viel zu tun, dass jede Hand gebraucht wurde.

Doch nun zurück zum Schwefel: Er wurde im Bulk geladen, das heißt, dass auf einem Förderband die gelben Körner einfach ins Schiff geschüttet wurden. Eine schreckliche Ladung: Ungesund war es ohnehin, darüber hinaus verätzte es die Schleimhäute und gelber Staub legte sich auf dem ganzen Schiff nieder. Aber das Schlimmste war, danach die Luken wieder sauber zu kriegen. Die Stevedores trugen alle weiße Overalls aus Plastik und hatten Schutzmasken auf. Viele von ihnen hatten deswegen gesundheitliche Probleme.

Wir lagen vier ganze Tage in Aruba (Sint Nicolas) und mussten immer wieder nach vorne oder achtern verschiften. In diesen vier Tagen hatten wir genügend zeit, die Region zu erkunden. Nach meinem ersten Landgang teilte ich die Meinung des 1. Offiziers: Diese Insel war wirklich ein schrecklicher Ort! Wir lagen im Süden Arubas. Von unserem Hafen dauerte es eine halbe Stunde, um mit dem Bus nach Oranjestadt zu gelangen. Dieser Hauptort liegt am nördlichen Ende der Insel. Aber erst einmal musste man aus dem Hafen heraus kommen. Zu Fuß war es verboten. Bis zum Gate war es allerdings auch ziemlich weit. Und für ein Taxi wurden 10 USD verlangt! Das grenzte an Piraterie! Aber Seeleute sind ja erfinderisch. Und so stellten wir den Agenten an, uns zu kutschieren. Hatte dieser keine Lust oder keine Zeit, fragten wir die Stevedores, ob sie uns mitnahmen. Meistens taten sie es. Auf dem Rückweg hielten wir jeweils einfach irgendein Auto an. So ging der Taxidienst leer aus.

Auf der Reise vom Süden in den Norden sah ich trockenes, wüstenähnliches Land und ärmere Häuser. Es erinnerte mich an Südafrika. Die Ankunft in der Hauptstadt war ein Schock. Oranjestadt ist der Ort, wo sich die meisten Touristen aufhalten. Dafür wurde er speziell hergerichtet. Neben kitschig aufgemachten Häusern, die an Disneyland erinnern, steht ein Pub neben dem anderen. Wenn man den armen Süden gesehen hat, dann erleidet man einen richtigen Kulturschock, wenn man in die Hauptstadt einfährt. Ich fand es jedenfalls schrecklich da.

Nach vier Tagen legten wir ab. Unser neuer Zielhafen war Antofagasta. Die Reise dorthin verlief ruhig, abgesehen von der einen oder anderen Party. In der Regel saßen wir an jedem Wochenende zu einem Barbecue zusammen. So ließ es sich leben.

MW

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