Grüße von Bord der Ludwigshafenexpress (2015)

Die erste Zeit an Bord war gar nicht so einfach. Nach zwei Jahren ohne Schiff habe ich doch das ein oder andere praktische Wissen vergessen und musste mich zunächst ein bisschen wieder einfinden. Auch habe ich die erste Zeit immer wie eine NOA gedacht, nicht wie eine Offizierin. Das war überhaupt das schwierigste, sich mit der Rolle der Offizierin vertraut zu machen und meine Möglichkeiten kennenzulernen. Die Besatzung ist toll, die philippinischen Jungs sind vor einem Monat in Südkorea erst an Bord gekommen und noch frisch und motiviert. Seit Mitte April bin ich schon hier und werde erst in Hamburg Mitte September abmustern.

Unser Neubau hatte aufgrund einiger Umbauten Probleme mit Vibrationen, die dem ausgetauschten Propeller zugeschoben wurden. Im Mai wurde dann durch Taucher auch Kavitation festgestellt und kurz darauf kam schon die Nachricht, dass es für uns in die Werft geht. Das Aus- und später wieder Einphasen ist daran wohl das ärgerlichste. Die Werftzeit war sehr interessant. Es gab nicht viel zu tun und so boten sich viele Gelegenheiten, das Schiff in seiner ganzen Fülle von unten aus dem Trockendock zu bestaunen. Wir lagen außerhalb von Shanghai in der HRDD Werft. Nicht gerade ein toller Ort und die Arbeitsweise der Chinesen ist ja auch einfach unmöglich ... aber interessant!

Nun liegen wir nordwestlich von Dalian. Zunächst sollten wir vor Tsingtau auf das Einphasen warten, da auch nicht sicher war, welchen Fahrplan wir als nächsten bekommen würden. Aber dann zogen Taifune auf und unser Wetterprogramm sagte Wellen bis zu 4 m vorher. Komplett leer und mit einem GM von 17 m war das natürlich nicht möglich und so sind wir erst weiter nach Norden südlich von Dalian gefahren und dann doch noch etwas weiter, um hinter der Landzunge Schutz zu suchen. So haben wir eine wirklich sehr ruhige Zeit verbracht und von dem Sturm überhaupt nichts mitbekommen. Ende des Monats soll es wohl in Ningbo zum Einphasen gehen, aber durch die Verzögerungen, die der Sturm verursacht hat, steht auch das noch in den Sternen.

Wir sind jedenfalls wohlauf und haben für das kommende Wochenende ein kleines Basketballspiel mit Minigrillen, frischem Obst und ein paar Sonnenstühlen arrangiert. Der Kapitän ist auch klasse und offen für alle Anregungen. Deswegen hatte ich auch noch nicht früher abmustern wollen. Wer weiß, was mich auf dem nächsten Schiff erwartet. Allerdings bin ich doch neben den OS, Wiper und Azubis die Jüngste hier an Bord. Anfangs fand ich das ein bisschen seltsam, aber es ist nun einmal so und an meiner Arbeit ändert das letztendlich auch nix. Ich bin hier für die Sicherheit zuständig. Mir wurde ein gut geführtes Department übergeben, das ich nun versuche, genauso sorgfältig weiterzuführen. Mein größtes Projekt ist im Moment die Neugestaltung des achternen Safety Stores. Der Fitter ist aber ganz fix und macht das sehr ordentlich.

So, nun schaue ich mal wieder weiter aus dem Fenster. Vielleicht bekomme ich ja noch Besuch, nachts ist es immer so einsam auf Ankerwache. Der Elektriker war schon hier, um das schwache chinesische Handynetz abzufangen, die NOA will noch ihre Tätigkeitsnachweisen vorbeibringen und vielleicht schaut der Schiffsmechaniker auch rum, um Hallo zu sagen.

Letztes Wochenende haben wir Kekse gebacken. das war ganz lustig, denn die Rezepte waren alle auf englisch und Backpulver gab es nicht. Das Resultat ist zwar lecker, hat aber wenig mit Keks zu tun und ist leider auch nicht ganz knusprig geworden.

Mittlerweile sind wir auf dem Rückweg nach Europa. Gestern haben wir Yantian in China verlassen und fahren nun als nächstes nach Singapur. Dort wechselt dann der CO und es kommt ein neuer, den ich noch aus Leer kenne, als ich gerade anfing. Mal schauen, wie das wird.

Ansonsten beiß ich mich durch und mal klappt es gut und mal weniger. Das mit der Vorgesetzten klappt bei den Azubis ganz gut und den Matrosen, allerdings weniger beim Bootsmann. Aber auch der wechselt in Singapur und dann werde ich von vornherein andere Seiten aufziehen. Es ist immer noch alles sehr aufregend und die Einsätze auf Manöverstation verursachen bei mir auch immer noch Bauchkribbeln.

Grüße aus dem südchinesischen Meer,

IS

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