Schiffbau (2021)
Liebe Seefrauen,
zuerst möchte ich mich kurz vorstellen: Ich bin zurzeit als Operational Analyst in der Konstruktionsabteilung einer Werft in den Niederlanden tätig.
Vor mittlerweile elf Jahren bin ich als Praktikantin im Rahmen des Ferienfahrer Programms des VDR bei einer großen deutschen Containerreederei zur See gefahren und war so begeistert, dass ich daraufhin eine Ausbildung zur Schiffsmechanikerin angestrebt und abgeschlossen habe. Im Anschluss daran und mit abgeschlossenem Nautik Studium bin ich dann als Nautische Wachoffizierin auf großer Fahrt mit Tankschiffen unterwegs gewesen. Seit Ende 2019 bin ich im Studiengang M.Sc. Maritime Operations eingeschrieben, um meine berufliche Perspektive zu erweitern. Diese Entscheidung hat mir die Chance eröffnet nun parallel eine Rolle im Schiffbau einzunehmen.
Wie ich dabei auf den Verein Frauen zur See e.V. gestoßen bin, weiß ich tatsächlich nicht mehr. War es die Broschüre „Wie verhalte ich mich als Frau an Bord“ oder war es die Suche nach Informationen darüber was ich mich als Frau an Bord erwartet? Ich meine mich jedoch daran zu erinnern, dass ich von der Reederei auf die Informationen, die vom Verein Frauen zur See e.V. damals öffentlich zugänglich waren, gestoßen wurde, um mich auf die Reise vorzubereiten. Das war mir damals eine große Hilfe.
Ein kleiner Erfahrungsbericht aus meinem aktuellen Arbeitsumfeld. Wie bereits genannt, arbeite ich seit einem halben Jahr im Schiffbau und bin überrascht von dem durchschnittlich sehr jungen und diversen Team, in dem ich mich befinde. Es beeindruckt mich, dass doch mehr Frauen in der schiffsbezogenen Wirtschaft arbeiten, als ich erwartet hatte. Frauen, die
hochqualifiziert sind und das Arbeitsumfeld mitgestalten.
Dennoch sehe ich, dass die Werft, bei der ich angestellt bin, erst seit Kurzem mit Frauen in ihren Räumen zu tun hat, mal abgesehen von den Human Resources und Sekretär Tätigkeiten. So gibt es bisher nur männliche Duschen und Umkleideräume und deutlich weniger Frauentoiletten in dem sehr alten Gebäude. Auch der Umgang mit Frauen scheint hier für viele ältere und männliche Kollegen noch eine Herausforderung darzustellen. Dies spiegelt sich in Besprechungen wider, wo Kollegen sich nicht trauen ihre weiblichen Kolleginnen direkt anzusprechen oder seltsame Situationen entstehen, dass Kollegen nicht allein mit einem zum Mittagsspaziergang gehen wollen, aus Angst was das an Gesprächsstoff nach sich zieht.
Doch bereits in dem halben Jahr, in dem ich hier arbeite, zeigt sich die Veränderung durch das aktive Einstellen von Frauen in allen Bereichen und dem damit sich normalisierenden Umgang miteinander. Umso spannender, dass auch der Schiffbau noch eine stark durch Männer dominierte Sparte der seefahrtbezogenen Industrie darstellt.
Es ist interessant, nochmal einen ganz anderen Blick und eine völlig andere Perspektive auf die Seefahrt zu erhalten und sich mit den unterschiedlichen Ansprüchen an die verschiedenen Schiffstypen auseinanderzusetzen.
Viele Grüße und Groetjes
RL