Strategien zur Gewinnung und Integration von Frauen in nautisch-technischen Berufen zur Stärkung der Geschlechtergleichheit an Bord (2025)
Diese Bachelorarbeit befasst sich mit der Historie der Frauen in der Seefahrt und mit Organisationen, die sich für Seefrauen einsetzen, gibt einen Überblick über den MINT-Bereich im allgemeinen und mit Bezug auf Berufsorientierung und beleuchtet die Methode des Mentorings. Dazu wurden verschiedene Expert*innen interviewt, unter anderem Franziska Eckhoff von WISTA und Isabelle Rickmers von Turtels sowie zwei Ferienfahrerinnen. Weiter haben bei der Umfrage 52 Seefrauen teilgenommen. Aus diesen Ansätzen wurde eine Handlungsempfehlung zu entwickelt.
Besondere Bedeutung haben dabei drei zentrale Strategien:
- Mentoring-Programme
Mentoring kann gezielt junge Frauen in der Seefahrt unterstützen, indem es sie mit erfahrenen Seefahrerinnen vernetzt. Durch individuelle Begleitung und Erfahrungsaustausch kann den Mentees geholfen werden, sich in der Branche zu orientieren, Herausforderungen besser zu bewältigen und langfristig an Bord zu bleiben. Mentoring-Programme könnten reedereiübergreifend oder innerhalb einzelner Unternehmen organisiert werden. Besonders hilfreich wäre ein langfristiges Programm, das auch während der mehrmonatigen Einsätze an Bord funktioniert, beispielsweise durch Online-Treffen. - Role Models als Vorbilder für Frauen
Frauen, die bereits erfolgreich in der Seefahrt tätig sind, sollen als Vorbilder fungieren, um die Sichtbarkeit von Frauen in der Branche zu erhöhen und potenzielle Nachwuchskräfte zu inspirieren. Role Models könnten insbesondere in sozialen Medien aktiv werden, um ein realistisches Bild des Arbeitsalltags zu vermitteln, Herausforderungen und Vorteile aufzuzeigen sowie junge Frauen für die Seefahrt zu begeistern. Derzeit gibt es im deutschsprachigen Raum noch zu wenige präsente weibliche Vorbilder. Neben Social Media sollten Role Models auch in Schulen, auf Berufsmessen und durch Fachvorträge in maritimen Bildungseinrichtungen präsent sein. - Imagewandel der Seefahrt
Die maritime Branche leidet unter einem allgemeinen Fachkräftemangel, wobei der Frauenanteil seit Jahren stagniert. Um mehr Frauen für die Seefahrt zu gewinnen, muss das Image der Branche verändert werden – weg vom traditionellen männlich geprägten Narrativ hin zu einer inklusiveren und attraktiveren Darstellung. Die Seefahrt sollte als ein wertgeschätzter und moderner Arbeitsplatz wahrgenommen werden. Dazu gehört auch eine stärkere Präsenz in der Öffentlichkeit, eine realistischere Darstellung des Berufs in den Medien sowie eine gezielte Ansprache von jungen Menschen über soziale Netzwerke.
Neben diesen drei Hauptstrategien identifiziert die Arbeit weitere notwendige Veränderungen innerhalb der Branche:
- Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Frauen: Mehrere Frauen an Bord desselben Schiffs einzusetzen, könnte helfen, Isolation und Ausgrenzung zu vermeiden.
- Anpassung der Infrastruktur an Frauenbedürfnisse: Dazu gehören Mülleimer für Hygieneartikel in allen Toiletten, Umkleideräume für Frauen und die Bereitstellung von Periodenprodukten.
- Passende Sicherheitskleidung für alle Körpergrößen: Dies betrifft nicht nur Frauen, sondern auch kleinere oder größere Männer.
- Maßnahmen gegen Belästigung und Diskriminierung: Reedereien müssen Sicherheitskonzepte speziell für Frauen entwickeln, um Übergriffe an Bord zu verhindern und langfristige Sicherheit zu gewährleisten.
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass Unsicherheit bei Schwangerschaften, fehlende berufliche Perspektiven, mangelnde Wertschätzung sowie Belästigung und Mobbing zentrale Probleme sind, die dazu führen, dass Frauen die Branche verlassen. Viele dieser Herausforderungen betreffen jedoch nicht nur Frauen, sondern auch die gesamte deutsche Seefahrt, die mit generellen Problemen wie Ausflaggung, fehlenden Festverträgen, verkürzten Hafenliegezeiten und verlängerten Einsatzzeiten zu kämpfen hat.
Die Arbeit kommt zu dem Schluss, dass nur durch eine Kombination mehrerer Strategien eine nachhaltige Veränderung erreicht werden kann. Mentoring-Programme und Role Models sind zentrale Maßnahmen, um Frauen in der Seefahrt zu unterstützen, ihr Netzwerk zu stärken und langfristig für die Branche zu gewinnen. Gleichzeitig muss die Branche ihr Image verändern und sich nach innen und außen modernisieren. Internationale Erfahrungen aus dem MINT-Bereich zeigen, dass diese Strategien funktionieren können – nun gilt es, sie auch in der Seeschifffahrt konsequent umzusetzen.
Während der Erarbeitung ist eine weitere spannende Sachen aufgefallen: Der Frauenanteil in der Seefahrt steigt nur, weil die Zahl der Männer zurückgeht. Dies ist ein Zusammenhang, der nicht wirklich besprochen wird. Die Zahl der Frauen in der dt. Seefahrt mit gültigem Befähigungszeugnis ist in den letzten fünf Jahren um zehn gestiegen, bei den Männern ist sie um ca. 1.400 gesunken.