Ich bin Melanie. (2017)

Aufgewachsen bin ich im Taunus, also etwas entfernt von der See. Zu dieser hingezogen hat es mich aber trotzdem. So hat mich das Meer schon von klein auf fasziniert. Eine Begeisterung für Technik hatte ich auch schon immer. Auf die Idee, zur See zu fahren, kam ich damals aber noch nicht, stattdessen wollte ich Feuerwehrfrau werden. Ein Schlüsselerlebnis hatte ich dann mit 8 Jahren: Wie jeden Sonntag schaute ich die Sendung mit der Maus. Da kam dann auch eine Vorschau auf „Fortsetzung folgt – die Doku“ über das Ferienfahrerprogramm, die am Nachmittag gesendet werden sollte. Fernsehen am Sonntagnachmittag – streng verboten in der Erziehung meiner Eltern. Da ich allerdings allein von der Vorschau so fasziniert war und die Sendung unbedingt schauen wollte, gab es eine Ausnahme. Am gleichen Nachmittag habe ich dann meinen Eltern angekündigt: Ich will zur See fahren!

Von da an habe ich mich für das Thema Seefahrt begeistert. So habe ich während meiner Schulzeit verschiedene Sportbootführerscheine und Funkscheine gemacht und bin in den Ferien auf der Alexander von Humboldt II mitgefahren. 2013 bin ich dann als Ferienfahrerin auf der „Andromeda J“ im Feederdienst auf Nord- und Ostsee gefahren und wäre am liebsten an Bord geblieben, anstatt noch ein Jahr die Schulbank zu drücken. Mit dem Abitur in der Tasche habe ich dann im August 2014 meine Ausbildung zur Nautischen Offiziersassistentin bei Hapag-Lloyd angefangen. In dieser Zeit hatte ich unheimlich tolle Reisen mit Crews, in denen ich mich absolut wohl gefühlt habe und die mir eine Menge beigebracht haben. Ich denke, wenn man nach einem anstrengenden Arbeitstag total geschafft unter der Dusche steht und sich tierisch auf den nächsten Tag freut, weil dieser genauso wird, hat man das Glück, im Traumberuf zu arbeiten. Während meiner Ausbildung habe ich Inka kennengelernt, die mir viel über den Verband Frauen zur See berichtet hat.

Im Sommersemester 2016 habe ich mit dem Nautik-Studium in Elsfleth angefangen und mir auch den Workshop in Bremerhaven angeschaut. Dieser hat mir so gut gefallen, dass ich direkt Mitglied geworden bin und mich auf jeden weiteren Workshop freue.

Mittlerweile besuche ich das 5. Semester und habe mich sehr gut in meiner neuen Heimat Elsfleth eingelebt. Meine Freizeit verbringe ich sehr gerne draußen an der frischen Luft: Beim Kutterpullen auf der Hunte oder beim Spazieren und Angeln. Zudem schwimme ich sehr gerne und bin als Schriftwart der Aktivitas der NK Visurgis aktiv.

Seefahrt ist ein Erfahrungsberuf. Ich bin der festen Überzeugung, dass ich in der Schule zwar eine Menge lerne, was ich später ohne Zweifel brauchen werde, aber dass man wirklich ‚Schiff fahren‘ nur an Bord lernen kann. Daher verbringe ich meine Semesterferien im Sommer auf See. Und mal ganz ehrlich: 3 Jahre an Land – das würde ich gar nicht aushalten!

Diesen Sommer bin ich auf der Valparaiso Express gefahren: Noch kein Jahr alt, 333m lang, 48m breit, 34224 KW und 10589 TEU, 1x Südamerika und wieder zurück – Auf geht’s!

Anmusterung war am CTA in Hamburg, dann ging es über Antwerpen nach Le Havre. Hier ging es mit dem Kapitän und dem Seemannspastor erstmal an Land, um französischen Käse und Baguette zu kaufen.
Dann ging es auf den großen Teich mit Kurs Südamerika. Ich durfte den Ersten Offizier auf seiner Wache begleiten und habe sehr viel erklärt bekommen. Ein großes Thema hierbei war zum Beispiel die KVR und der Manöverpunkt. Zudem habe ich die beiden Ferienfahrer an Bord betreut, übrigens zwei Mädels! Nach mehr als einer Woche Atlantik ging es dann durch die Mona Passage in die Karibik und nach Cartagena/Kolumbien. Cartagena hat eine interessante Revierfahrt mit einer sehr schmalen Fahrrinne in der Ansteuerung. In Cartagena ging es am Nachmittag noch an Land, für mich das erste Mal den Fuß auf den südamerikanischen Kontinent setzen.

Danach ging es nach Manzanillo und anschließend direkt in den Panama Kanal.

Nach den Agua Clara Locks haben wir erstmal das Parkeisen im Gatun Lake geschmissen, die Gelegenheit etwas Schlaf zu sammeln. Nach 2 Stunden dann Anker auf und ab durch den Kanal. Das Steuern im Kanal war sehr spannend, da ich die verschiedenen Effekte wie Bankeffekt etc. noch nie in einer solchen Stärke kennengelernt hatte. Während des Gewitters sind wir dann durch die Cocoli Locks und ab auf den Pazifik mit Kurs Buenaventura.

Auch in Buenaventura stand ein Landgang auf dem Plan. Als die beiden Ferienfaherinnen und ich dann zurück aufs Schiff wollten, hieß im Terminal erstmal: Nein, 3 Frauen auf einem Schiff – das gibt es doch gar nicht! Nach dem Vorzeigen meines Reedereiausweises und etwas Argumentation (Ja, es gibt auch SeeFRAUEN!) wurden wir dann doch zurück an Bord gelassen.

Anschließend ging es weiter mit Kurs auf Callao/Peru – der Hafen von Lima. Aber auf dem Weg dahin brauchten 8 Besatzungsmitglieder, darunter auch ich, erst einmal Neptuns Erlaubnis, uns auf der Südhalbkugel bewegen zu dürfen. Also wurden wir gefangen, kamen ins Gefängnis, mussten zum Friseur und zum Arzt, für Neptuns Frau einen Fisch aus dem Pool holen, ohne die Hände zu benutzen und sind vom Priester getauft worden. Jetzt dürfen wir uns auch auf der Südhalbkugel frei bewegen.

Anschließend ging es über Puerto Angamos in der Atacama Wüste weiter nach Valparaiso. Hier musterten die beiden Ferienfahrer ab und ich konnte mich wieder mehr auf meine eigene Ausbildung konzentrieren. So ging es entlang der Anten wieder in Richtung Panama Kanal. Die Tierwelt Südamerikas hat sich sogar auch auf beeindruckende Art gezeigt: Von Delfinen über fliegende Fische, Pelikane bis hin zu springenden Walen war alles dabei.

Nun ging es durch den Kanal durch, Manzanillo, Cartagena und nach Caucedo in der Dominikanischen Republik. Nach Caucedo ging es über den großen Teich zurück nach Europa, zusammen mit über 900 Reefern. Eine große Zahl der Kühlcontainer war mit Bananen beladen. Für mich war es eine perfekte Gelegenheit, um viel über Kühlcontainer und deren Besonderheiten zu lernen.

Während der Atlantiküberquerung ist dann auch das wahrscheinlich größte Projekt der Reise fertig geworden: Der Umbau des Safety Store. Hier haben Safety-, Deck- und Enginedepartment Hand in Hand gearbeitet. Nach ausführlicher Planung, dem Anfertigen von technischen Zeichnungen, Schweißarbeiten und Malarbeiten hat die Valparaiso Express nun einen sehr praktischen Safety Store. Es gab sogar eine Eröffnungsfeier, auf der der Kapitän das Band (Eine endlose EGC Nachricht) durchgeschnitten und der 2. Offizier aus SOLAS zitiert hat.

Auf der anderen Seite des Atlantiks angekommen, ging es durch den Englischen Kanal, über Rotterdam und London Gateway in die Deutsche Bucht. Bei der Übergabe der letzten Seewache für diese Reise war das Racon Elbe 1 schon in Sicht.

In der Nacht ging es die Elbe rauf nach Hamburg und ab ans CTA. Eine sehr gute Freundin, die übrigens auch Nautik studiert, hat mich dann von Bord abgeholt.

Während der Reise auf der Valparaiso Express konnte ich eine Menge dazulernen und neue Erfahrungen sammeln sowie bisher Gelerntes anwenden. Jetzt geht‘s erstmal wieder ein Jahr studieren, aber auf meine nächste Reise freue ich mich schon jetzt!

 

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